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Sonntag, 10. Oktober 2021
08.09.21 Von München nach Slowenien
jo letschin, 17:46h
Was diesem Blog, fehlt ist der nötige Schwung, das muss alles konkreter und knackiger werden. Etwa so:
7:30: Aufwachen, erster Blick auf hölzerne Delfine. Keine Weiteren Schlussfolgerungen daraus. Duschen, Anziehen, Frühstücken. 8:15: Abfahrt. 12:41: Österreich, bergig, andere Luft, dunkle Täler. Hochgefühl. 15:44: Slowenien. 16:00: Bled. 16:30: Pause auf einem Parkplatz hinter Bled. Enge Einfahrt von der viel befahrenen Landstraße. 16:40: Einfahrt des Toyota auf den Parkplatz, als Letztes, die beiden anderen Autos sind schon da. 16:41: Platzen des hinteren, rechten Reifens. 16:45: Reifenwechsel. 17:05: Abfahrt in die Werkstatt.
Ein Witz, ein kleines Puppenrad! Ist es wirklich so groß wie die anderen? Die Felge ist gelb, darauf eine Rotgeränderte 80 km/h Plakette. Man denkt der Reifen ist aus der UdSSR, ist er aber nicht, kommt aus Japan. In geschäftigem Schweigen schleichen wir zur nächsten gegoogelten Autowerkstatt. Hinter uns eine Traube, regelmäßig überholender Slowenen. Wir sind verschwitzt, der Bergwind bläst unter die Achseln. Wir kommen bei einer runtergekommen Shopping Mall an, viele Läden sind verstaubt. Die Autowerkstatt ist ein Ersatzteile-Laden. Der Besitzer kommt raus und sieht unser Problem. Er telefoniert. In gutem Englisch sagt er uns, wir sollen hier warten, in einer halben Stunde kommt einer und hilft uns weiter.
Was nun? L. Und J. überlegen zum Friseur zu gehen. Wir fragen uns, wie teuer die Reparatur wird, ob wir abgezogen werden.
Dann kommt in einem getunten Alpha Romeo ein Typ, er sieht aus wie ein Mafiaboss. Auf dem Beifahrersitz ist ein Babysitz fest gemacht. Das gibt uns etwas Zuversicht. Er telefoniert und gibt uns Handzeichen ihm zu folgen. Ohne zu blinken fährt er los, eine Vorfahrt müssen wir nehmen, um ihm zu folgen. Es ist wie in einer GTA-Verfolgungsjagd. Nach einigen Minuten erreichen wir eine Art Autohof, jedes einzelne Auto, was es gibt steht hier. Es gibt Berge von Reifen und Autoteilen, dazwischen ein Huhn. Der Mafiaboss unterbricht kurz sein Telefonat und sagt uns, wir sollen fünf Minuten warten, dann kommt der Mechaniker. Er telefoniert weiter. Ab und zu kommen Autos, halten und fahren dann wieder weiter. Zwei influencerartige Frauen kommen. Sind sie Mechanikerinnen? Sie gehen wieder. L. nimmt die Fahrzeugpapiere und Geld aus dem Auto zu sich.
Mit einem roten VW-Bus kommt der Mechaniker angefahren. Er sieht auch aus wie einer, in Mechanikerklamotten, Halbglatze, dicklig, grimmig, kein Wort zu uns. Aber einen Teil seines Mechanikerbauchs sehen wir zwischen Oberteil und Hose. Er beachtet uns nicht, tratscht mit dem GTA-Handlanger.
Wir können nicht mehr weg, der einzige Fluchtweg ist vom VW-Bus versperrt. Dann schlurft er einmal um den Toyota, inspiziert das Rad. Sein Blick bitter böse. Er ist nun richtig genervt, wir fühlen uns ganz klein. Er hätte sich nur räuspern müssen und wir wären zusammen gezuckt. Er öffnet die Garagentür, bunte Pin-Up-Poster blinken auf. Er schließt die Tür hinter sich. Dann kommt er wieder raus, wuchtet einen Reifen aus einem der Haufen und wechselt uns das Rad schneller, als wir gucken können. Mit einem kurzen trockenen Lachen verschwindet er mit dem UdSSR-Reifen in der Garage. Aufgepumpt gibt er ihn uns zurück. Jetzt schaut er uns zum ersten Mal an und wischt uns mit den Händen weg wie Fliegen. Als wir fragen, "wie teuer?", wiederholt er die Bewegung. Wir bedanken uns schüchtern und fahren davon.
7:30: Aufwachen, erster Blick auf hölzerne Delfine. Keine Weiteren Schlussfolgerungen daraus. Duschen, Anziehen, Frühstücken. 8:15: Abfahrt. 12:41: Österreich, bergig, andere Luft, dunkle Täler. Hochgefühl. 15:44: Slowenien. 16:00: Bled. 16:30: Pause auf einem Parkplatz hinter Bled. Enge Einfahrt von der viel befahrenen Landstraße. 16:40: Einfahrt des Toyota auf den Parkplatz, als Letztes, die beiden anderen Autos sind schon da. 16:41: Platzen des hinteren, rechten Reifens. 16:45: Reifenwechsel. 17:05: Abfahrt in die Werkstatt.
Ein Witz, ein kleines Puppenrad! Ist es wirklich so groß wie die anderen? Die Felge ist gelb, darauf eine Rotgeränderte 80 km/h Plakette. Man denkt der Reifen ist aus der UdSSR, ist er aber nicht, kommt aus Japan. In geschäftigem Schweigen schleichen wir zur nächsten gegoogelten Autowerkstatt. Hinter uns eine Traube, regelmäßig überholender Slowenen. Wir sind verschwitzt, der Bergwind bläst unter die Achseln. Wir kommen bei einer runtergekommen Shopping Mall an, viele Läden sind verstaubt. Die Autowerkstatt ist ein Ersatzteile-Laden. Der Besitzer kommt raus und sieht unser Problem. Er telefoniert. In gutem Englisch sagt er uns, wir sollen hier warten, in einer halben Stunde kommt einer und hilft uns weiter.
Was nun? L. Und J. überlegen zum Friseur zu gehen. Wir fragen uns, wie teuer die Reparatur wird, ob wir abgezogen werden.
Dann kommt in einem getunten Alpha Romeo ein Typ, er sieht aus wie ein Mafiaboss. Auf dem Beifahrersitz ist ein Babysitz fest gemacht. Das gibt uns etwas Zuversicht. Er telefoniert und gibt uns Handzeichen ihm zu folgen. Ohne zu blinken fährt er los, eine Vorfahrt müssen wir nehmen, um ihm zu folgen. Es ist wie in einer GTA-Verfolgungsjagd. Nach einigen Minuten erreichen wir eine Art Autohof, jedes einzelne Auto, was es gibt steht hier. Es gibt Berge von Reifen und Autoteilen, dazwischen ein Huhn. Der Mafiaboss unterbricht kurz sein Telefonat und sagt uns, wir sollen fünf Minuten warten, dann kommt der Mechaniker. Er telefoniert weiter. Ab und zu kommen Autos, halten und fahren dann wieder weiter. Zwei influencerartige Frauen kommen. Sind sie Mechanikerinnen? Sie gehen wieder. L. nimmt die Fahrzeugpapiere und Geld aus dem Auto zu sich.
Mit einem roten VW-Bus kommt der Mechaniker angefahren. Er sieht auch aus wie einer, in Mechanikerklamotten, Halbglatze, dicklig, grimmig, kein Wort zu uns. Aber einen Teil seines Mechanikerbauchs sehen wir zwischen Oberteil und Hose. Er beachtet uns nicht, tratscht mit dem GTA-Handlanger.
Wir können nicht mehr weg, der einzige Fluchtweg ist vom VW-Bus versperrt. Dann schlurft er einmal um den Toyota, inspiziert das Rad. Sein Blick bitter böse. Er ist nun richtig genervt, wir fühlen uns ganz klein. Er hätte sich nur räuspern müssen und wir wären zusammen gezuckt. Er öffnet die Garagentür, bunte Pin-Up-Poster blinken auf. Er schließt die Tür hinter sich. Dann kommt er wieder raus, wuchtet einen Reifen aus einem der Haufen und wechselt uns das Rad schneller, als wir gucken können. Mit einem kurzen trockenen Lachen verschwindet er mit dem UdSSR-Reifen in der Garage. Aufgepumpt gibt er ihn uns zurück. Jetzt schaut er uns zum ersten Mal an und wischt uns mit den Händen weg wie Fliegen. Als wir fragen, "wie teuer?", wiederholt er die Bewegung. Wir bedanken uns schüchtern und fahren davon.
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Samstag, 9. Oktober 2021
07.09.21 Von Weimar nach München
jo letschin, 21:13h
Wir müssen tanken bevor wir auf die Autobahn fahren. Es ist noch früher, blauer Morgen. Vor 500 bunten Zigarettenpäckchen, hinter der werbungsvollen Scheibe, die Verkäuferin. Die Ringe unter ihren Augen sind tief, die Brauen zusammen gezogen, ihre Lippen schmal. Noch blass am Morgen, aufgequollen. In den 70ern war sie eine Schönheit, das sieht man. Jetzt ist ihr Gesicht geschichtet. Die Haare sind ein Wasserfall an einem grauen Tag. Was schreibt sie da, mit nach unten gerichtetem Blick? Gedichte, oder über ihre Träume? Wer holt sie später nach der Arbeit ab? Was macht sie in ihrer Pause? Sie sieht gezeichnet aus, wovon?
In der Jugend Lederjacke. Beide Füße, in hohen Schuhen, fest auf dem Boden. Überall hingegangen, den Kopf hoch über der straffen Brust und dann?
Ein Paar betritt die Tankstelle, es ist aus dem vor uns haltenden Auto ausgestiegen. Bei ihnen ist alles anders. Das Auto offen und türkis, die Scheiben unten. Keinen Gang alleine, alles Hand in Hand. Sie tragen identische Batik-Shirts und Stützstrümpfe. Einiges hat sich seit damals geändert, seit sie sich kennen gelernt haben. Rundgefahren sind sie jetzt und nicht mehr so schnell. Aber sie trägt immer noch ihre rote Dauerwelle, allerdings eine Cystein Dauerwelle jetzt. Das ist schonender, die Schwefelbrücken der Haare werden hier gezielter gelöst, als bei der alkalischen. Um ihren Hals baumelt das Unendlichkeitssymbol in gold. Sie lösen die verschränkten Hände vor den Gummibärchen.
Wir schlafen bei einer bekannten von A., aber nicht alle, wir sind aufgeteilt. Sieben Leute und ich, im schlüpferrosa Haus, am Rand von München. Blick in den vielgrünen Garten. Glitzerlampen in den Ecken und Lebkuchenherzen an den Wänden, an der Decke Pflanzen. In dieser Küche wird nicht gekocht, hier wird gezaubert. Wir essen. "Wie wären Spaghetti als Mensch?" "So richtig unangenehm, du ziehst sie hoch und dann hast du Soße auf deinem Hemd." "Was wärt ihr für ein Essen?" "Ich wär Haferbrei, einfach, aber kombinierbar." "Kann man überhaupt Leute als Essen sehen? Könnt ihr irgendjemanden als Essen sehen?" "D. könnte so 'ne Suppe sein, weil sie so lebendig ist." "Ich find' Suppe gar nicht lebendig. Du wärmst sie 100 Mal auf. Noch am fünften Tag wärmst du sie auf." "Aber dann ist sie immer noch gut." "Nee, so ne graue Suppe." "Wer weiß wie D. ist, am fünften Tag aufgewärmt?" "Immer noch gut!"
In der Jugend Lederjacke. Beide Füße, in hohen Schuhen, fest auf dem Boden. Überall hingegangen, den Kopf hoch über der straffen Brust und dann?
Ein Paar betritt die Tankstelle, es ist aus dem vor uns haltenden Auto ausgestiegen. Bei ihnen ist alles anders. Das Auto offen und türkis, die Scheiben unten. Keinen Gang alleine, alles Hand in Hand. Sie tragen identische Batik-Shirts und Stützstrümpfe. Einiges hat sich seit damals geändert, seit sie sich kennen gelernt haben. Rundgefahren sind sie jetzt und nicht mehr so schnell. Aber sie trägt immer noch ihre rote Dauerwelle, allerdings eine Cystein Dauerwelle jetzt. Das ist schonender, die Schwefelbrücken der Haare werden hier gezielter gelöst, als bei der alkalischen. Um ihren Hals baumelt das Unendlichkeitssymbol in gold. Sie lösen die verschränkten Hände vor den Gummibärchen.
Wir schlafen bei einer bekannten von A., aber nicht alle, wir sind aufgeteilt. Sieben Leute und ich, im schlüpferrosa Haus, am Rand von München. Blick in den vielgrünen Garten. Glitzerlampen in den Ecken und Lebkuchenherzen an den Wänden, an der Decke Pflanzen. In dieser Küche wird nicht gekocht, hier wird gezaubert. Wir essen. "Wie wären Spaghetti als Mensch?" "So richtig unangenehm, du ziehst sie hoch und dann hast du Soße auf deinem Hemd." "Was wärt ihr für ein Essen?" "Ich wär Haferbrei, einfach, aber kombinierbar." "Kann man überhaupt Leute als Essen sehen? Könnt ihr irgendjemanden als Essen sehen?" "D. könnte so 'ne Suppe sein, weil sie so lebendig ist." "Ich find' Suppe gar nicht lebendig. Du wärmst sie 100 Mal auf. Noch am fünften Tag wärmst du sie auf." "Aber dann ist sie immer noch gut." "Nee, so ne graue Suppe." "Wer weiß wie D. ist, am fünften Tag aufgewärmt?" "Immer noch gut!"
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Freitag, 8. Oktober 2021
06.09.21 Weimar
jo letschin, 15:12h
Duftender Park, eiskalter Bach, Akzente durch Bäume, Sichtachsen, anwesend ist noch die steinerne Sphinx. "Goethe war hier, Goethe war da."*
Kochen auf dem Campingkocher ist ein bisschen wie spielen. So wie früher "arme Kinder spielen", wo es ums Überleben geht und man alles Essen zusammen sucht. "Hast du den Pfeffer?" "Ja hier, oh, es sind ganze Körner." Wir zerschlagen ihn mit Steinen. "Hast du ein Messer?" "Nein, nimm das hier, in Spiel ist das eins."
Da passen viele Tortellini rein in die Kochtöpfe, sie stehen über, von unten sprudelt das Wasser. Es drängt sie an den Rand. Ich denke an nackte Leiber. Wir reden darüber, wo wir hin fahren wollen: über Kroatien nach Monte-Negro. Albanien ist Hochrisikogebiet, da wollten wir eigentlich hin. Monte-Negro, wie das klingt, niemand von uns war je da.
Kochen auf dem Campingkocher ist ein bisschen wie spielen. So wie früher "arme Kinder spielen", wo es ums Überleben geht und man alles Essen zusammen sucht. "Hast du den Pfeffer?" "Ja hier, oh, es sind ganze Körner." Wir zerschlagen ihn mit Steinen. "Hast du ein Messer?" "Nein, nimm das hier, in Spiel ist das eins."
Da passen viele Tortellini rein in die Kochtöpfe, sie stehen über, von unten sprudelt das Wasser. Es drängt sie an den Rand. Ich denke an nackte Leiber. Wir reden darüber, wo wir hin fahren wollen: über Kroatien nach Monte-Negro. Albanien ist Hochrisikogebiet, da wollten wir eigentlich hin. Monte-Negro, wie das klingt, niemand von uns war je da.
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